Landwirtschaft als Umweltsünder? Zeit, um mit Vorurteilen aufzuräumen.
Laut Beruf-Ranking ist das Ansehen von Landwirten in der Gesellschaft hoch. Nicht verwunderlich, schließlich verdanken wir es den Bauern, dass Hunger in Europa heute kein Thema mehr ist. Konsumenten schätzen die Vielfalt an hochwertigen und erschwinglichen Lebensmitteln, doch sobald die Rede auf moderne Landwirtschaft und Umweltschutz fällt, sind die heimischen Bauern oft mit Vorurteilen konfrontiert. Die konventionelle Landwirtschaft führe zu Monokulturen und Agrarwüsten, die intensive Bewirtschaftung sei für das Verschwinden der Insekten verantwortlich, es werde beim Pflanzenschutz zu wenig Rücksicht auf Natur und Umwelt genommen. Kurzum: Die Landwirtschaft verschmutze Boden, Wasser und Luft.
„Natürlich gibt es einen Konflikt zwischen jenen, die die Natur bewirtschaften und jenen, die sie zur Erholung nutzen wollen“, so Roman Braun vom Maschinenring. Doch dass die Landwirtschaft als Umweltsünder gebrandmarkt wird, darf nicht hingenommen werden: „Noch nie waren die Techniken der Bewirtschaftung so intelligent, noch nie waren die Umweltanforderungen so umfassend.“
Jungbauernlandesobmann-Stellvertreter Michael Treiblmeier aus dem Bezirk Ried beschäftigt sich intensiv mit Agrartechnik. Umweltbewusst wirtschaften heißt für ihn abzuwägen, ob eine Maßnahme Sinn ergibt oder nicht. Dabei würden alle wirtschaftlichen, biologischen und umweltrelevanten Aspekte in die Entscheidung miteinbezogen. „Wir Bauern leben mit und von der Natur“, so Treiblmeier. „Es ist in unserem Interesse, verantwortungsvoll und rücksichtsvoll mit der Natur umzugehen. Gleichzeitig müssen wir aber auch wirtschaften, also Lebensmittel erzeugen und Einkommen erzielen. Beide Ziele sind kein Kompromiss, sondern bilden eine Synergie, bei der nachhaltiges Wirtschaften auch Garant für ein stabiles Einkommen ist.“
„Natürlich gibt es einen Konflikt zwischen jenen, die die Natur bewirtschaften und jenen, die sie zur Erholung nutzen wollen.“
Roman Braun
Maschinenring
„Bauern spritzen wie sie wollen und vergiften Bäche und Flüsse!“
Vorneweg: Alle in der Landwirtschaft eingesetzten Produkte werden vor der Zulassung auf ihre Umweltverträglichkeit getestet. Wer Pflanzenschutzmittel ausbringt, eine spezifische Ausbildung nachweisen. Dazu kommt noch die sich rasant entwickelnde Technik.
„Noch nie hatten wir so gute Möglichkeiten, den Einsatz von Chemikalien zu reduzieren“, betont Michael Treiblmeier, der sich mit Precision Farming auseinandersetzt. „Beim Spot Spraying orten wir Unkräuter mittels Drohne. Der Pflanzenschutz erfolgt gezielt und punktuell.“
Auch Franz Hauer in Münsteuer arbeitet beim Pflanzenschutz schon mit GPS-Technik. „Section control spart einiges an Mitteln ein. Die GPS-Technik hilft bei der Bodenbearbeitung Kraftstoff und bei der Aussaat Saatgut zu sparen. So können wir Dünge- und Pflanzenschutzmittel mit Maß und Ziel richtig einsetzen.“ In anderen Worten: Der Landwirt profitiert vom Umweltschutz.
Neue Wege beschreitet Florian Hörtenhuber auf seinem Marktfrucht- und Industriegemüsebetrieb in Bezirk Eferding. Er arbeitet im Pflanzenschutz mit noch relativ unbekannter Technik: Der Spritznebel wird mit Luftstrom gesteuert, der Bestand wird besser benetzt und Verlust durch Abdrift vermieden. „Jeder Landwirt arbeitet nachhaltig. Würden wir unkontrolliert Wirkstoffe ausbringen, würden wir unsere Böden ruinieren“, so Hörtenhuber.
„So viel wie nötig und so ausgeglichen wie möglich“, ist auch das Credo von Manfred Steidl. Der Braunauer Landwirt führt seit 2013 Sojasortenversuche durch. Er vergleicht chemische Behandlung mit chemiefreier Bearbeitung mittels kamerageführtem Hackgerät. Seine Erfahrungen teilt Manfred Steidl bei Feldtagen. „Ich schätze den Gedankenaustausch mit anderen Betriebsführern, egal ob biologische oder konventionelle Bewirtschaftung verfolgt wird. Gerade beim Bodenschutz und Bodenaufbau sind wir erfolgreicher, wenn wir zusammenarbeiten.“ Den Vorwurf, der Landwirt schade der Umwelt, lässt er nicht gelten. „Es werden gewisse Punkte herausgegriffen, die Zusammenhänge sind oft nicht bekannt. Umweltschutz muss immer als Ganzes betrachtet werden.“
„Noch nie hatten wir so gute Möglichkeiten, den Einsatz von Chemikalien zu reduzieren.“
Michael Treiblmeier, Landwirt
„Die Tierernährung treibt die Regenwald-Abholzung voran.“
Die hohe Fleischnachfrage der Konsumenten macht Eiweiß als Futtermittelzusatz in der Fleischerzeugung notwendig. Längst haben die Landwirte jedoch Alternativen zu den riesigen Sojaplantagen im Regenwald gesucht. Zu komplex sind die Verflechtungen für Umwelt und Gesellschaft, zu hoch die Kosten für Transport.
Lieber setzen Oberösterreichs Landwirte auf heimisch angebaute Eiweißträger wie Raps. Als Nebenprodukt der Rapspressung ist der Rapskuchen ein hochwertiges Eiweißfutter für die Tierhaltung. „Rapsanbau in Oberösterreich ist umwelt- und naturverträglich“, so Josef Voraberger, Geschäftsführer von Hausrucköl. Seit 2006 produziert Hausrucköl als eine von fünf vom Maschinenring betriebenen Ölmühlen auf den Standorten Aistersheim und Vorchdorf Rapsöl und Rapskuchen aus 100 % österreichischem Raps. 2015 erfolgte der Einstieg in die zertifizierte gentechnikfreie Produktion. Landwirtschaftsexperten gehen davon aus, dass Raps die sojabasierte Eiweißfuttermittel in der österreichischen Landwirtschaft auf lange Sicht verdrängen werden.
Neu entdeckt als alternative Eiweißpflanze wurde die Lupine. Mit über 40 Prozent Eiweißgehalt sie für Landwirte zur betriebseigenen Eisweißfutterproduktion hochinteressant. Sie bevorzugt sandige Böden und kommt mit niedrigen ph-Werten zurecht, was ihr den Namen „Sojabohne des Mühlviertels“ verliehen hat.
„Rapsanbau in Oberösterreich ist umwelt- und naturverträglich.“
Josef Voraberger
Hausrucköl
„Die Böden werden ausgehungert“
Der Boden ist die Grundlage. Er filtert Grundwasser, speichert Wasser, Nährstoffe und Kohlenstoffe und ist Lebensraum für unzählige Bodenorganismen. Erfolgreiche Land- und Forstwirtschaft braucht gesunde Böden. Der Vorwurf, man würde den Boden bewusst ausbeuten, ist absurd. Das Gegenteil ist der Fall. Ein Weg, den Boden auf natürlichem Weg positiv zu beeinflussen und ertragsrelevante Eigenschaften zu verbessern ist der Einsatz von Kompost, im Idealfall vom eigenen Betrieb.
Stefan Rachbauer aus dem Bezirk Ried betreibt auf seinem Betrieb eine solche Kompostieranlage. „Durch die Kompostierung bleiben Bioabfälle im Kreislauf und dienen in weiterer Folge als Nährstofflieferant für meine Felder und in den Gärten vieler Haushalte“, so der Landwirt. Nebenbei leistet das System einen wesentlichen Beitrag zur CO2-Speicherung und der Weiterverwendung von wertvollen, natürlichen Rohstoffen. Kreislaufwirtschaft im Einklang mit der Natur, mit Wertschöpfung für die Region ist hier längst gelebte Praxis.
„Wir suchen tagtäglich einen Kompromiss zwischen Umweltschonung und Ertrag.“
Stefan Rachbauer,
Landwirt
„Bauern und ihre grünen Wüsten töten die Bienen.“
Dass die Landwirtschaft die Biodiversität gefährde und das mehrfache Mähen im intensiv bewirtschafteten Dauergrünland der Insektenwelt irreparable Schäden zufüge, ist ein weit verbreitetes Vorurteil. Dabei gab es für die Annahme bislang keine Grundlage. Also initiierte der Maschinenring gemeinsam mit der Landwirtschaftskammer und der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit ein aufwendiges, wissenschaftlich fundiertes Projekt, in dem die Auswirkungen von verschiedenen Mähtechniken im 5-mähdigen Grünland untersucht wurden. Das Projekt wurde von der gesamten Branche begrüßt, so auch Martin Baumgartner von PÖTTINGER Landtechnik: „Wir als Landtechnik Hersteller legen besonders großen Wert auf Artenvielfalt und unterstützen dieses Forschungsprojekt mit dem Ziel des gemeinsamen Erfahrungsaufbaus. Objektive Erkenntnisse sind die Basis, um unsere Grünfuttererntetechnik hinsichtlich Biodiversität weiter zu optimieren.“
Die Ergebnisse erstaunten alle beteiligten Experten, auch Johannes Hintringer, der das Projekt für den Maschinenring begleitete: „Es gab im zwei Überraschungen: Erstens, die Entomologen fanden auf der Versuchsfläche im Vorfeld eine erfreulich hohe Anzahl an Insekten. Zweitens, entgegen der Erwartung der Experten wurden durch die Mahd weniger Insekten geschädigt als gedacht.“ Die insektenschonendste Art zu mähen ist übrigens die Doppelmessertechnik. Hier belaufen sich die Insektenverluste auf zwei bis fünf Prozent.
„Entgegen der Erwartung wurden durch die Mahd weniger Insekten geschädigt als gedacht.“
Johannes Hintringer
Maschinenring
Entgegen aller Vorwürfe, mit denen Landwirte konfrontiert werden, bleibt festzuhalten: Jeder Landwirt arbeitet nachhaltig. Jahr für Jahr bauen unsere Bauern auf den gleichen Flächen an. Die Erträge sind trotz immer schwieriger werdender Bedingungen beständig, steigen sogar. Dies verdanken wir ständiger Weiterbildung, gegenseitigem Austausch und neuer Agrartechnik. Viele Vorurteile der Öffentlichkeit entstehen durch mangelndes Wissen, insofern sind auch Landwirte gefragt, um mit den Konsumenten in Dialog zu treten.
Iris Eckschlager // MR Oberösterreich
iris.eckschlagerl@maschinenring.at