Wie ertragreich ist das österreichische Grünland?
Diese Frage stellten wir uns im Zuge des Projektes „Ertragsschätzung im Grünland“. In den Vegetationsperioden 2021 und 2022 wurden auf mehr als 90 Maschinenring-Mitgliedsbetrieben laufend im Abstand von rund 14 Tagen Aufwuchsproben von jeweils drei Parzellen innerhalb einer ausgewählten Grünlandfläche genommen. Jedenfalls aber wurde unmittelbar vor der Ernte eine solche Erhebung durchgeführt. Es wurden für die Grünlandfläche repräsentative Flächen gesucht und für jede Erhebung innerhalb eines Aufwuchses eine neue Versuchsparzelle ausgewählt.
Die 1 Quadratmeter großen Parzellen wurden standardisiert möglichst exakt auf 5 cm Schnitthöhe beerntet, die Frischmasseerträge gewogen, getrocknet und anschließend im Labor der HBLFA Raumberg-Gumpenstein auf Trockenmassegehalt und Rohproteingehalt analysiert. Gemeinsam mit den Frischmasseerträgen kann dann auf die Trockmasse- und Rohproteinerträge je ha hochgerechnet werden. Für 2022 liegt nun der Großteil der Ergebnisse vor und es lassen sich Tendenzen der Ertragssituation über Österreich für die Grünlandsaison 2022 ableiten (Es ist dabei zu beachten, dass es sich um Mittelwerte der teilnehmenden Betriebe handelt. Eine Aussage über das gesamte Grünland einer Region ist damit aber noch nicht möglich, weil es starke Unterschiede, z. B. aufgrund unterschiedlicher Düngungsniveaus, Nutzungsintensitäten, Standorteigenschaften wie Gründigkeit, Bodenart, etc. geben kann). Nichtsdestotrotz wollen wir den vorliegenden Teil der Ergebnisse dieses Projektes hier vorstellen.
In der folgenden Grafik werden die teilnehmenden Maschinenringbetriebe dargestellt (gelbe Punkte). Außerdem sind in der Karte die Hauptproduktionsgebiete (HPG) farblich gekennzeichnet. Die Einteilung in und Auswertung für landwirtschaftliche Hauptproduktionsgebiete macht Sinn, weil innerhalb eines Produktionsgebietes ähnlich(er)e Produktionsbedingungen herrschen, als wenn beispielsweise eine Auswertung auf Bundesländerebene erfolgen würde (innerhalb von Verwaltungsgrenzen gibt es oft sehr unterschiedliche Produktionsbedingungen).
Neben den gut 90 MR-Mitgliedsbetrieben nahmen auch landwirtschaftliche Fachschulen und freiwillige Versuchslandwirte, die durch die HBLFA Raumberg-Gumpenstein beprobt wurden, an den Untersuchungen teil (im Zuge des SatGrass-Projektes, siehe unten). Die folgenden Grafiken beziehen sich auf die Ergebnisse von den insgesamt 142 am SatGrass-Projekt teilnehmenden Betrieben.
Der Großteil der teilnehmenden Betriebe hat ihr Grünland viermal genutzt (54 Betriebe). Es waren zwei 6-schnittige und eine 1-schnittige Dauergrünlandfläche im Versuch dabei:
Unterschiedliche Nutzungsintensitäten und Erträge in den Produktionsgebieten
In der folgenden Grafik werden die durchschnittlichen Schnittzahlen je Hauptproduktionsgebiet (HPG) für das Jahr 2022 dargestellt.
Am öftesten wurde von den Versuchsbetrieben im südöstlichen Flach- und Hügelland mit durchschnittlich rund 4,5 Schnitten je Betrieb gemäht. Die geringste Nutzung fand auf den Versuchsbetrieben im nordöstlichen Flach- und Hügelland mit durchschnittlich 3 Nutzungen statt. Oder, wenn man die Grafik anders betrachtet: Im Alpenostrand, in den Hochalpen und im Nö. Flach- und Hügelland wurde von den Versuchsbetrieben das Grünland durchschnittlich weniger als viermal genutzt. In allen anderen Hauptproduktionsgebieten lag die Nutzung überdurchschnittlich 4 Schnitten.
In den folgenden beiden Grafiken sieht man den Trockenmasse-Jahresertrag und den Rohprotein-Jahresertrag je ha im Durchschnitt der Betriebe des jeweiligen Hauptproduktionsgebietes.
Im Kärntner Becken, Nö. Flach- und Hügelland und Sö. Flach- und Hügelland wurden die geringsten Erträge geerntet – betrifft sowohl Trockenmasse als auch Rohprotein-Ertrag. Eine mögliche Ursache ist auf die Niederschlagsmenge und -verteilung zurückzuführen. Während es im Süden und Osten vergleichsweise sehr trocken war – zum Teil fielen die Sommeraufwüchse komplett aus – hat es nördlich der Alpen in weiten Teilen doch regelmäßig geregnet und es konnten somit großteils gute Grünlanderträge eingefahren werden. Der Ertragsunterschied zwischen ertragsstärkstem und ertragsschwächstem Produktionsgebiet betrug 2022 im Durchschnitt der Betriebe bei der Trockenmasse immerhin rund 65 % (ca. 5.600 kg im Sö. Flach- und Hügelland und ca. 9.300 kg im Wald- und Mühlviertel). Bei Rohprotein (XP) betrug der Ertragsunterschied zwischen den Gebieten sogar rund 100 % (knapp 800 kg im Nö. Flach- und Hügelland, und mehr als 1.600 kg XP im Wald- und Mühlviertel)
Unterschiedliche Erträge je nach Schnitthäufigkeit
Die folgenden Grafiken zeigen noch den Jahres-Trockenmasseertrag und Rohproteinertrag je ha, geclustert nach Nutzungshäufigkeiten.
Wie aus der Praxis und Forschung bekannt, sollten die Nutzungsintensitäten jeweils dem Standort angepasst gewählt werden. Geben es die Standortbedingungen (Niederschlagssumme und -verteilung, Wärmesummen bzw. Vegetationsdauer, etc) und eine angepasste Bewirtschaftungsweise (entzugsorientierte Düngung, periodische Nachsaat, etc.) her, sind sehr hohe Trockenmasseerträge und Rohprotein-Erträge vom Grünland möglich.
Je nach Nutzungsintensität und Trockenmasseertrag ergibt sich die Einstufung in die Ertragslage niedrig, mittel und hoch. Die möglichst genaue Einschätzung der Ertragslage ist die Basis für eine entzugsorientierte Düngeplanung. Für die Ertragslage „hoch“ gibt es Zuschläge, in der Ertragslage „niedrig“ gibt es Abschläge in der Düngeempfehlung. Die empfohlenen Düngegaben und die Zu- und Abschläge sind der Richtlinie für die sachgerechte Düngung, 8. Auflage zu entnehmen. Die folgende Tabelle zur Einstufung der Ertragslage ist ebenfalls aus dieser Richtlinie.
Die Einstufung der Ertragslage sollte allerdings nicht auf Basis von einzelnen Jahren erfolgen, sondern ein Mittelwert der Erträge über zumindest 5 Jahre sein.
Geht man davon aus, dass die oben dargestellten Erträge Durchschnittserträge über mehrere Jahre wären, ergäben sich folgende Einstufungen:
Mit rund 7.000 kg Jahresertrag lagen die Dreischnitt-Versuchsbetriebe in der Ertragslage mittel.
Mit knapp 9.000 kg Jahresertrag lagen die Vierschnitt-Versuchsbetriebe auch in der Ertragslage mittel.
Mit knapp 11.000 kg Jahresertrag lagen die Fünfschnitt-Betriebe an der Grenze zwischen Ertragslage, mittel und Ertragslage hoch.
Das Projekt lieferte für die teilnehmenden Betriebe sicherlich wertvolle Informationen über die Bestandesentwicklung, Erträge und Ertragsentwicklungen ihres Grünlandes.
Die Daten werden noch weiter ausgewertet und für wissenschaftliche Zwecke weiterverwendet. So werden Sie auch zum Trainieren eines Algorithmus zur Schätzung des Ertrages und der Qualität (Rohprotein) von Grünland auf Basis von Fernerkundungs- und Wetterdaten im Zuge des sogenannten SatGrass-Projektes verwendet. Mehr zu diesem Projekt findet man hier: www.satgrass.at.
Ziel von dem Projekt ist, dass die Ertragsmengen und die Qualitätsentwicklung auch von Grünlandflächen für die Landwirte besser schätzbar werden, um wertvolle Infos für die Bestandsführung wie die Düngung, aber auch eine solidere Prognose des Schnittzeitpunktes hinsichtlich optimaler Futterqualität erstellen zu können.
Mehr Infos zu den Daten:
DI Johannes Hintringer
Agrar-/Mitgliederbetreuung
johannes.hintringer@maschinenring.at
Tel: +43 676 821249959